Die
christliche Mission unter Anfrage
Die christliche
Mission war von Beginn ein schier unmögliches Unterfangen. Elf verängstigte
Männer bekamen nach dem Tod ihres spirituellen Leiters den Auftrag die ganze
Welt, jede Nation, in jeder Sprache Menschen zu Nachfolgern Jesu zu machen.
Eigentlich ein Absurd und doch ist es geschehen. Heute nennen sich über 2
Milliarden Menschen Christen. Dennoch ist die Missionsarbeit nicht einfacher
geworden. Sie wird von vielen Seiten in Frage gestellt.
Was bedeutet
heute christliche Mission? Wenn nun 2000
Jahre Missionsgeschichte betrachte und mit dem nur fünfzigjährigen weltweiten
Siegeszug von Coca-Cola vergleiche, dann frage ich mich ob Mission nicht auch
eine nicht realisierbare Utopie ist? Was ist eigentlich christliche Mission und
was sollen sie eigentlich tun?
Durch die
öffentlichen Medien wir die Mission stark hinterfragt.(1) Die
Morde an den jungen deutschen Frauen Rita Stumpp
(26), Anita Gruenwald (24) und der Südkoreanerin, Eom Young-sun (33) in
Jemen wurden nicht verurteilt, sondern die Tätigkeit der Frauen. Während die Tat
für die koreanische Regierung und ihrem Außenamtssprecher Choe Jong Hyun ein
Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, erklären die deutschen Medien die
Präsenz der Missionare im Jemen zu einem Verbrechen.(2) Dabei ist Jemen das
Armenhaus im Nahen Osten. Welt Online beschreibt die Situation wie folgt:
Fast die
Hälfte der Bevölkerung ist jünger als 14 Jahre, lediglich vier Prozent 65 Jahre
und älter. Knapp 40 Prozent können lesen und schreiben, fast alle bekennen sich
zum Islam. Ein Krummdolch im Gürtel wird schon von Zehnjährigen als Zeichen der
Manneswürde getragen. Wer es sich leisten kann, hängt sich ein Gewehr über die
Schulter.(3)
Laut GTZ leben
42 Prozent der Bevölkerung des Jemens unter der Armutsgrenze und 18 Prozent in
absoluter Armut. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Ursachen sind der
Bevölkerungswachstum von drei Prozent und extreme Wasserknappheit. Das
leistungsschwaches Bildungssystem benachteiligt besonders bei Frauen. Das führt
bei ihnen zu einer hohe Analphabetenrate. Sie haben auch keinen genügenden
Zugang zu Gesundheitsdienste.(4) So
kommt es zu folgenden menschlichen Katastrophen wie uns die Zeitung am 8.
September 2009 berichtet:
Im Jemen hat
ein Vater aus Geldnot seine zehn Töchter und sich selbst verbrannt. Die Ehefrau
sagte, ihr Mann habe, bevor er starb, noch einen Satz zu ihr gesagt: "Ich
habe mich und die Mädchen angezündet, damit ihnen das Leben nicht übel
mitspielt." Der Mann arbeitete für die Verwaltung der südlichen Hafenstadt
Aden, wo er nur 20 000 Rial (rund 70 Euro, das macht ca. 20 Eurocent pro Person
pro Tag) pro Monat verdient habe.(5)
In den letzten
Jahren wurde die Krise in der Mission innerhalb der Kirche spürbar. Titel wie „Mission
im Kreuzfeuer(6)“, „What is Mission(7)“, „Transforming
Mission(8)“, „Was heißt heute
Mission“(9), „Krise und Neuaufbruch
der Weltmission“(10), „Umkämpfte
Weltmission“(11), um nur einige zu
nennen, machen dieses deutlich. Die
Frage nach dem Wesen und dem Auftrag der christlichen Mission ist eine
theologische und soziologische Anfrage.
Auf dem TEMA–Weltmissionskongress
2003/2004 in Bad Salzuflen erklärte George Kovoor in einem Hauptreferat vor
Missionsgesellschaften und missionsinteressierten Jugendlichen: „Ihr die ihr
in Europa versucht in die Welt zu gehen um zu missionieren, seid wie die Ratten
die das sinkende Schiff verlassen. Bleibt
zu Hause!“(12) Der Phlippiono
Nacpil schrieb: Den größten Missionsdienst, den ein Missionar in der
jetzigen Situation in Asien tun kann ist nach Hause zu gehen.(13)
Marcus, ein brasilianischer christlicher Leiter drückt es so aus: Klar
brauchen wir Missionare in Brasilien: Auf dem Flughafen, im Wartesaal für
Abflüge.(14)
Die Krise der
Mission stellt auch immer den Missionar als Person in Frage. Für diesen sind
Antworten von existentieller Bedeutung. Im Einsatzland unerwünscht und im
Heimatland in den Medien zerrissen und in der Gemeinde in Frage gestellt, badet
der Missionar das Dilemma einer nicht geklärten Fragen mit seinem Leben und dem
seiner Familie aus. Missionen und Kirchen müssen sich auf Grund dieser
Annfragen die Frage gefallen lassen, ob sie nicht alle Missionare zurückrufen
und den Missionsdienst einstellen sollten
Laut Georg
Vicedom kann es aber Gemeinde Jesu ohne Mission nicht geben. Er fordert uns mit
der Aussage heraus: Die Kirche (ekklhsia)
hat also nicht zu entscheiden ob sie Mission treiben will, sondern ob sie
Kirche sein will.(15) Hans Kasdorf behauptet: Wenn eine Gemeinde
aufhört zu senden, hört sie auf Gemeinde zu sein.(16) Wenn
die fehlende Beteiligung in der Weltmission und bei Sendung von Missionaren eine christliche Gemeinschaft
als Gemeinde Jesu desklassifiziert, dann ist die Gemeinde, die sich der Fragen
der Weltmission nicht stellt, selber in einer tiefen Krise. Somit ist jede
christliche Kirche und Gemeinde in diesem Spannungsfeld herausgefordert. Jeder
Pastor, jede Gemeinschaft von Christen ist gefragt, sich dem Thema der
Weltmission zu stellen.
Wenn Mission
Priorität unter den Aufgaben der Gemeinde ist, oder wie Vicedom es sagt, Wesen
der Gemeinde ist, dann liegt die Verantwortung für Weltmission bei der
Gemeindeleitung. Die Gemeinden werden in der Regel von theologisch
ausgebildeten Personen geleitet. Deshalb fordert der brasilianische Missiologe
Edson Queiroz:
Wir brauchen
eine radikale Änderung der theologischen Unterweisung. Wenn Mission Wesen und
die Existenzberechtigung der Gemeinde ist, dann ist es unumgänglich, das jedes
Seminar, jede theologische Ausbildungsstätte einen Lehrstuhl für Mission hat.
Mission ist also ein grundlegendes, obligatorische Fach und als Priorität für
die gesamte theologische Unterweisung zu werten.(17)
Die Ausbildung von Pastoren hat laut Queiroz
direkt mit der Erfüllung des Missionsauftrags zu tun. Der Pastors ist der
Multiplikators der Überzeugungsgrundsätze in der Gemeinde. Ein jeder Pastor,
ein jeder Ältester, ein jedes Mitglied einer Gemeindeleitung muss seine eigene
Stellung zur Weltmission finden. Wenn aber Mission Sache der Gemeinde ist, was
soll dann die Missionsgesellschaft? Die Existenzberechtigung dieser Vereine ist
in Frage gestellt. In seinem Rechenschaftsbericht zum Jahr 2003 warf der
Vorsitzende der AEM, Fritz Schuller, diese Frage auf.(18)Die AfeM – Tagung 2004 wird diesem Thema gewidmet
sein.
Was hat aber der
einzelne Glaubende mit Mission zu tun? Norman Goodall behauptet: Es gibt
keine Beteiligung in Christus ohne Beteiligung in der Weltmission.(19)Heinz Müller erklärte: Es ist unmöglich das Heil in Christus erfahren zu
haben, ohne an der Errettung der Welt teil zu haben.(20)
1 Z.B. ZDF-Sendung „Frontal 21, Sterben für
Jesus, vom 4. August 2009, oder ARD Panorama, Sterben für Gott, vom 08.
Oktober 2009
2 Spiegel Online vom
16.6.2009, http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,630637,00.html
3 Welt Online vom 15.12.
2008, http://www.welt.de/politik/article2880712/Jemen-das-Armenhaus-des-Nahen-Ostens.html
4 Deutsche Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Eschborn, vom 5.11.2009,
http://www.gtz.de/de/weltweit/maghreb-naher-osten/674.htm
5 oberpfalz netz.de, http://www.oberpfalznetz.de/demobeilagen/1991876-456,1,0.html,
(dpa) | 08.09.2009 | Netzcode: 1991876
6 Müller, Klaus W. Hrsg., Mission
im Kreuzfeuer – Referate zur Jahrestagung 200 des AfeM (VTR, Nürnberg,
2001)
7 Kirk, J. Andrew, What is Mission –
Theological Exploration (Darton, Longman and Todd Ltd, London:1999)
8 Bosch, David J., Transforming Mission – Paradigm Shift in Theology of Mission, (Orbis Books, Maryknoll, New
York 1991)
9 Bockmühl, Klaus, Was
heisst heute Mission – Entscheidungsfragen der neueren Missionstheologie
(Brunnen Verlag, Giessen – Basel: 2000)
10 Beyerhaus, Peter, Krise
und Neuaufbruch der Weltmission – Vorträge, Aufsätze und dokumente Verlag
der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell:1987)
11 Arthur Jonston, Umkämpfte
Weltmission (Hänssler Verlag, Neuhausen-Stuttgart:1984)
12 George Kovoor, Direktor
der Gesellschaft für Missionsausbildung der Kirche, Großbritannien, beim
Vortrag zum Thema Glaube unter Druck, Bad Salzuflen, 29.12.2003
13 Nacpil, Mission but not Missionaries,
international Review of Mission (vol 60,1971)360 zitiert bei Kirk, J. Andrew, What
is Mission – Theological Exploration (Darton, Longman and Todd Ltd,
London:1999) 186
14
15 Vicedom, Georg F., Mission
Dei – Einführung in eine Theologie der Mission (Kaiser Verlag, München:
1958)13
16 Kasdorf, Hans, Mission
und theologische Ausbildung in evangelikale missiologie em 2/96 (afem und
FHM Korntal 2/1996)41
17 Edson Queiroz, A igreja local e missões
(Edições Vida Nova, São Paulo:1987)59
18 Fritz Schuller,
Vorsitzender der deutschen AEM, auf der Jahrestagung der AEM Februar 2004 in
Rehe
19 Norman Goodall, Mission
under the cross (1953)190 zitiert bei Vicedom, Georg F., Mission Dei –
Einführung in eine Theologie der Mission (Kaiser Verlag, München: 1958)13
20 Heinz Müller,
Missionsleiter der Allianz-Mission von 1982 bis 2000, auf einer Tagung der
CIELB im November 1999 in Toledo/PR, Brasilien
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen