Warum tue ich
was ich tue?
Im Gespräch mit
Burnoutpatienten kann man immer einen Verlust der Arbeitsmotivation
feststellen. Viele meinen, dass der Verlust der Motivation eine Folge eines
Burnouts ist. Durch viele Gespräche habe ich festgestellt, dass der Verlust der
Motivation bereits zu Beginn eines Burnoutprozesses besteht. Die Frage „Warum
tue ich, was ich tue?“ oder „Warum tue ich mir das an?“ steht am Anfang. Der
Zweifel an der Motivation, an dem Sinn der aktuellen Lebensführung löst eine
Sinnkrise aus. J. Huß fragt in einem Song: Kannst Du leben ohne Freude, wenn
Du keinen Sinn mehr siehst? Und stellt dann fest: Ich kann’s nicht!(1) Die Sinnkrise ist
ein Auslöser des Burnouts. Sie verschärft sich jedoch während des Prozesses.
Hinter
jeder Anstrengung steht ein Motiv, eine Ansicht etwas zu erreichen, ein Ziel.
Dieses Motiv, ist der Grund, dieses Ziel auch erreichen zu wollen. Ohne Motiv
existiert keine Motivation. Aus dem Motiv erwächst die eigentliche Motivation:
Diese ist die Energie, der Antrieb das Ziel zu erreichen. So sind
beispielsweise Neugierde und Interesse, Belohnung und Gruppendruck häufige
Motive für Anstrengungen. Neugier und Interesse, aber auch Ideale kommen aus
einem selbst. Das Motiv wird nicht von außen erzeugt. Dies wird als intrinsische
Motivation bezeichnet. Anders
verhält es sich mit Gruppendruck oder Belohnungen. Dadurch wird Motivation von
außen erzeugt. Es handelt sich um extrinsische Motivation.
Alles
menschliche Handeln ist motiviert. Es hat sich erwiesen, dass intrinsische
Motivation tragfähiger und dauerhafter ist als extrinsische. Man muss also
versuchen, sich selbst - von innen heraus - so effektiv wie möglich zu motivieren,
um leistungsfähig zu sein. Erste Voraussetzung dafür ist, dass man einen Sinn
in seinem Tun erkennt, beispielsweise den Zusammenhang zum Beruf. Sollte der
Sinn von einer Tätigkeit einmal nicht ersichtlich sein, ist das demotivierend. Einer
Handlung geht selten ein einzelnes Motiv, sondern meist ein Motivbündel voraus,
das, zum Teil gebildet aus Gewöhnungen, fixierten Einstellungen und
Werthaltungen, in affektiver, emotionaler oder intellektueller Richtung das
Verhalten eines Individuums bestimmt.(2)
Motivation hat somit nicht nur einen Faktor, sondern mehrere. Die Motivation
für die Anstrengung entscheidet über die Ressourcen, welche die Person hat und
durch die Leistung verbraucht. Herausforderungen werden je nach Motivation zu
positiven oder negativen Stress.
Die amerikanischen Psychologen Lyman W. Porter und Edward E. Lawler
entwickelten 1968 eine Motivationstheorie, die sich die besonderen Gegebenheiten
in industriellen Organisationen konzentriert, indem sie eine Verbindung
zwischen Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter knüpft und
deren individuelle Erfolgserwartungen stärker hervorhebt.(3) Ein leistungsmotiviertes Handeln findet dann statt, wenn die
Tendenz "Hoffnung auf Erfolg" die Tendenz "Furcht durch
Mißerfolg" überwiegt.(4)
Atkinsons Risikowahlmodell splittet
das Leistungsmotiv in eine negative Vermeidungskomponente und eine positive
Annährungkomponente auf und verknüpft diese beiden Komponenten mit einer
situationsabhängigen Erfolgserwartung in Formeln:
L = M x (1-W) x W
Unter
Einbezug des Erfolgsmotivs und des Mißerfolgsmotivs:
L = Me x (1-W)
x W - Mm x W x (1-W)
Zusammengefaßt:
L = (Me - Mm) x (W x (1-W))
Erklärung: L = Stärke
der Leistungsmotivation
M = Leistungsmotiv
W = subjektive
Erfolgswahrscheinlichkeit
1-W = Risiko
1-W = Risiko
Me = Erfolgsmotiv
Mm = Mißerfolgsmotiv
1-W = Mißerfolgswahrscheinlichkeit
Ein Erfolg ist um so attraktiver
und motivierender, je riskanter er ist. Das Leistungsmotivation steigt, je
stärker das individuelle Erfolgsmotiv das Mißerfolgsmotiv übersteigt und je
näher die Erfolgswahrscheinlichkeit am maximal motivierenden Wert 0,5 liegt.
Erfolgsmotivierte sind höher motiviert bei Aufgaben mittlerer subjektiver
Schwierigkeit, Mißerfolgsmotivierte bei sehr schweren und sehr leichten
Aufgaben.(5)
Atkinsons
Risikowahlmodell splittet das Leistungsmotiv in eine negative
Vermeidungskomponente und eine positive Annährungkomponente auf. (6)
Nicht die viele
Arbeit bewirkt den negativen Stress, sondern die sinnlose, die nicht Erfolg
versprechende Arbeit. Ein engagierter Lehrer, der sich um den Lernerfolg seiner
Schüler müht, welchen er aber dann nicht sieht, verliert leicht den Sinn für
seine Arbeit. Nicht das geleistete ermüdet, sondern das nicht erreichte. Wenn
der Lehrer sich innerlich von seinen Schülern distanziert, keine pädagogischen
Ziele mehr verfolgt, also keine Motivation für seinen Beruf mehr hat, erlebt er
für sich im Job eine Sinnkrise. Wenn das Engagement nicht die erhofften
Resultate erbringt, ist das äußerst frustrierend.
Bei
Sozialarbeiter und Pastoren ist die Problematik ähnlich gelagert. Wenn der
erhoffte Zweck nicht erreicht wird, tritt häufig eine starke Deflation der
Motivation ein. Durch geringeres Engagement (Auszeit), entfernt sich der
idealistische Mensch weiter von seinen angestrebten Idealen und verliert somit
die wesentlichen emotionalen Ressourcen für die Anstrengung. Er ist innerlich
verbrannt: Burnout.
Motivationsverlust
findet auch bei erfolgreichen Managern statt. Bei vielen Menschen liegt in dem
finanziellen Vorteil der Sinn der Anstrengung. Deswegen arbeiten viele Menschen
im mittleren und höheren Management zwischen 60-80 Stunden wöchentlich. Die
Entwertung dieser Motivation wird in der John Lennon zugeschriebenen Aussage
deutlich: „Wenn du soviel Geld hast, dass du dir alles kaufen kannst, was
käuflich ist, dann bedeuten dir alle käuflichen Dinge nichts mehr.“ Geld ist
als Motivation immer inflationär. Deshalb wählte der Beatlestar auch eine
Lebensphilosophie: "Ich sorge mich
nicht allzu viel um das
Geld, Geld kann keine Liebe kaufen.(7) Es ging John um die Liebe. So verändert sich die Frage in
dieser Situation aus dem „Warum tue ich das?“ Zu dem „Für wen
tue ich es?“ Besitz und Sachwerte sind keine dauerhafte positive Motivation
für den Menschen.
1 J. Huß, Kannst du leben
ohne Freude, in Landesbischof D. Eduard Lohse, Sein Ruhm unsere Freude,
(Walsrode, 1981)311
2 Werner Stragl, http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MOTIVATION/MotivationModelle.shtml
(eingesehen 1.9.2012)
3 http://de.wikipedia.org/wiki/Motivation&imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/5/55/Weg_Ziel_Modell_der_Motivation.png/220px-Weg_Ziel_Modell_der_Motivation.png&w=220&h=152&ei=GGVEUNSSGIrotQbtioHADQ&zoom=1&iact=hc&vpx=118&vpy=210&dur=1009&hovh=121&hovw=176&tx=95&ty=80&sig=105936851200410688795&page=1&tbnh=100&tbnw=145&start=0&ndsp=18&ved=1t:429,r:0,s:0,i:142
4 Werner Stangl, http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MOTIVATION/MotivationModelle.shtml
(1.9.2012)
5 Werner Stangl, http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/MOTIVATION/MotivationModelle.shtml
(1.9.2012)
7 “I don't care too much for money, money can't buy
me love." http://www.bellaonline.com/articles/art14070.asp (29. August 2012)