Ohne den Blick auf den gesamten Globus zu haben, gibt es deshalb auch kein Evangelium. Es kann kein individuelles, persönliches Evangelium geben, wenn es keine „Gute Nachricht“ für die gesamte Menschheit gibt.
Christsein in einer veränderten Welt:
Mission heute
In dem Film der Herr der Ringe sagt Galadriel:
“The world is changing, I feel it in the earth, I feel it in the water, I smell
it in the air. Much that once was is now forgotten; for none now live who
remeber it.”(1) Damit legt Peter
Jackson der Elfenkönigin Galadriel das Empfinden vieler Menschen in den Mund.
Die Menschheit durchläuft drastische Veränderungen. Es geschehen nun so viele
Veränderungen, dass man sie nicht mehr bewusst registrieren kann. Veränderungen
machen Angst. Sie bewirken das Gefühl von Unsicherheit im Menschen. Das was
gestern galt, ist heute überholt und das heute Aktuelle ist morgen schon völlig
irrelevant. Es sind nur 20 Jahre her, dass das Sowjetimperium zusammenbrach.
Die Jahrhundertsensation des Mauerfalls in Berlin erscheint heute fast
unwirklicher Mythos vergangener Zeiten.(2) Wir
feiern den Tag der deutschen Einheit fast ohne Erinnerungen an die Zeit der
Uneinheit!
Die Welt in der
wir leben ist die Welt der Menschen. Überall auf der Erde, selbst in der Sahara
oder in der Antarktis existieren Menschen. Heute leben über fast 7 Milliarden
Personen auf der Erde.(3)
Während ich diesen Satz schreibe, gilt er schon nicht mehr und wenn sie diesen
Text lesen ist die Zahl schon bei Weitem
überholt. Die Veränderungen umfassen alle Lebensbereiche. Dadurch werden
Gefühle von Unsicherheit und Angst ausgelöst. Die logische Konsequenz, sind
Krisen, sind Probleme. Ein Problem (gr. Πρόβλημα) ist das, was zur Lösung
vorgelegt wurde. So nennt man eine Aufgabe oder Streitfrage, deren Lösung mit
Schwierigkeiten verbunden ist. Probleme stellen Hindernisse dar, die überwunden
oder umgangen werden müssen, um zu einem Gewünschten Ziel oder Zustand zu
gelangen.
Zur menschlichen
Existenz, da Leben dynamisch ist, gehören Probleme. Viele Menschen bedeuteen
viele Probleme. Milliarden von Menschen bedeuten Milliarden von individuellen
Problemen. Große Menschengruppen
bedeuten große Probleme. Gemeinschaften haben ihre Sorgen. Familien,
Gruppen, Ethnien, Staaten ja die Menschheit als Ganzes hat spezielle Probleme.
Die Menschheit ist zu einem alle und alles umfassende Netz geworden, in das
jeder einzelne eingewoben wurde, indem die Sorgen und Nöte des Einen
Auswirkungen auf alle haben. Das heißt, dass die Menschheit konstant in Krise
ist. Nun, jede Krise hat auch die Chance positiv auszugehen.
Die Menschheit
ist, ob wir es wollen oder nicht, globalisiert. So sind auch die individuellen
Probleme der Menschen miteinander vernetzt. Es gibt keine in sich
abgeschlossene lokale oder rein individuelle Lösungen mehr. Kleinste
Veränderungen in einem Teil der Welt können große Umwälzungen woanders
bedeuten. Der Gewinn für den Einzelnen kann den Verlust für viele andere
bedeuten. Punktuelle und lokale Lösungen sind deswegen immer auch nur begrenzt
gültig. Ohne den Blick auf den gesamten Globus zu haben, gibt es deshalb auch
kein Evangelium. Es kann kein individuelles, persönliches Evangelium geben,
wenn es keine „Gute Nachricht“ für die gesamte Menschheit gibt. Es gibt keine
lokale Rettung, wenn es kein globales Heil gibt. Die Christusbotschaft ist nun
seit Beginn global angelegt. Sie richtet sich gleichwertig an alle Menschen.
Dabei spielen Geschlecht und Rasse, Nationalität, Stand und Vermögen keine
Rolle. Paulus erklärte deutlich, dass es vor Gott kein Ansehen der Person gibt
(Rm 2,11) sie alle gesündigt haben (Rm 3,9-11) und dass sie alle durch Christus
gerettet werden können (Rm 3.23-24). Das Evangelium von Christus ist global und
richtet sich an alle Menschen.
Die Menschheit
bewohnt als Kollektiv den Planeten Erde und ist somit einem gemeinsamen
Schicksal unterworfen. Damit stehen wir vor der Frage zwischen Individualität
und Kollektivität. Jeder Einzelne hat sein ganz persönliches Erleben und seine
einzigartige persönliche Geschichte. Die Menschheit, obwohl sie ein Ganzes ist,
besteht doch aus autonomen Personen, welche jede für sich in sich, eine eigene
Welt mit seinen Freuden und Leiden ist. Es sind reale Personen, die in der
Problematik unserer heutigen Zeit versuchen ihr Leben und das ihrer Mitmenschen
zu gestalten.
Um diese
Menschen zu verstehen ist es wichtig die Bühne ihrer Existenz, auf denen ihr
Realleben sich abspielt, wahrzunehmen. Diese voll zu erfassen ist ein so
komplexes und schwieriges vielleicht unmögliches Unterfangen, da alles Erkennen
und Wissen nur Stückwerk ist. Wenn man die Augen für die Menschen öffnet,
erschreckt die unermessliche Vielfalt der Einzelschicksale mit ihrer schier
unübersichtlichen Vernetzung der sich bedingenden Abhängigkeiten.
Ebenso verwirrt
die rasante Geschwindigkeit wie die globalen und lokalen Veränderungen
vonstatten gehen. Der durch die Medien
vermittelte schwindelerregende Szenenwechsel der menschlichen Existenz
erschwert das Erkennen von erfassbaren Mustern. Das einzige Konstante sind die
konstanten Inkonstanten. Der Versuch sich irgendwo zu verankern, führt zur
Zerreisproben, welchen der Einzelne nicht gewachsen ist. Wer jedoch diesen
Wirbel nicht ertragen kann und vor dem schwindelerregenden Lauf der Welt die Augen verschließt, steht in
der Gefahr, sich in der Dunkelheit seiner eigenen „Ich-Gefangenheit“ zu
verlieren. In der Suche nach Halt versuchen viele diesen irgendwie in sich
selbst zu finden. Doch in der Konzentration auf sich selbst entfremdet sich der
Mensch von den Menschen. Er wird weltfremd und weil er als soziales Wesen auf
Gemeinschaft angelegt ist, verliert er sich selbst in existenzieller
Einsamkeit.
Brutal wirken
sich die rasanten Veränderungen auf die junge Generation aus. Die Aussage, man
lernt fürs Leben, ist längst überholt. Heute heißt es, man
lebt um zu lernen.(4) Laut
Martin Voegelin, muss der junge Mensch in Europa sich heute auf 4 – 6
unterschiedliche Berufslaufbahnen einstellen.(5) Die
besten beruflichen Perspektiven haben lokal flexible Menschen mit hoher
interkultureller Kompetenz. Die Zukunft ist nicht vorhersehbar. Die Werte der
Vergangenheit gelten nicht mehr. Durch die globale Vernetzung, in welcher jeder
einzelne Mensch in einem konkurrierenden Wettbewerb zu allen anderen steht,
zerbricht das Kollektiv der kulturellen Gemeinschaft zum individualistischen
Überlebenskampf, der kein Mitleid kennt.
Detlef Blöcher
beschrieb 1996 die Welt, in der wir leben, als eine Welt im Umbruch. Er nannte
damals vier wichtige Faktoren, an denen dieses deutlich wird:
1. Der Wertewandel in Westeuropa, die fortschreitende Säkularisierung, der
übersteigerte Individualismus
2. Die politischen Umwälzungen in Osteuropa mit all dem politischen und
wirtschaftlichen Chaos
3. Die Industrialisierung Ostasiens und Südamerikas, zum Teil durch
massiven ökologischen Raubbau
4. Die Bevölkerungsexplosion und Landflucht in Afrika(6)
Obwohl nur 16
Jahre vergangen sind, erscheinen diese Aussage wirklich wie aus dem letzten
Jahrtausend. Das sind sie auch. Seid dem ist viel geschehen. Am 11.September
2001 ist die Welt grundlegend erschüttert worden. Der Terrorismus hat so
umfassende Formen angenommen, dass jeder der auf diesem Planeten lebt davon
betroffen wurde. In New York stürzte das World Trade Center ein und in
Deutschland verlor der kleine Mann durch den Zusammenbruch der
Versicherungsaktien seine mühsam erworbenen Ersparnisse. Gleichzeitig konnte
der Bauer in Brasilien seine Orangen nicht los werden und in Japan meldeten
Firmen den Konkurs an. Durch die internationale wirtschaftliche Vernetzung, hat
jede lokale Krise globale Konsequenzen.
Die Angst vor
Terror breitet sich aus. Seit der Zerstörung des World Trade Centers in New
York, hat es überall auf der Welt geknallt. Denken wir an die Anschläge im Jahr
2002 auf Djerba, 11.April, in Karachi, 8.Mai, auf Bali, 12. Oktober, in Moskau,
24. Oktober oder in Mombasa am 28. November. Diese blutige Spur zieht sich
durch alle Orte und Völker. Terror wird in der Angst geboren und hat als letzte
Wirkung wieder Angst als Ziel. Handlungen der Angst sind nicht rational. Sie
sind emotional, da Angst ein tiefes, starkes und alles dominierende Gefühl ist.
Der 11.
September 2001 und die darauf folgenden militärischen Interventionen in
Afghanistan und dem Irak haben den Vorderen Orient zu einer Brutstätte der
weltweiten Angst gemacht. Die Konsequenzen einer aus der Angst geborenen
Sicherheitspolitik sind drastisch. Der von Orwell für 1984 angekündigte
Überwachungsstaat wird heute aus Panik vor Anschlägen von demokratischen
Politikern mit der Unterstützung der Bevölkerung eingeführt. „Big Brother“
ist nicht utopische Horrorfiktion, sondern vergnügliche Unterhaltung im
Fernsehen. Die totale Überwachung hat das „Stasi-Klischee“ verloren und ist
salonfähig geworden. Mit dem Vorwand es diene dem Erhalt der Freiheit, wird die
Freiheit geopfert.
So bestimmt
heute auch nicht, der für eine funktionierende liberale Wirtschaftspolitik
nötiger positivistischer Optimismus, das globale Wirtschaftsystem. Nicht die Perspektive
auf Gewinn, sondern die Angst um die Verluste ist Markt bestimmend. Die
Bankenkrise hat sich zu einer anhaltenden Weltwirtschaftskrise entwickelt.
Keine Währung ist mehr stabil. Auf keine Anlage ist Verlass. Die soziale und
gesellschaftliche Akzeptanz von Topmanagern und Wirtschaftseliten ist auf ihrem
Tiefpunkt angelangt(7). Das „Morgen“ ist ungewiss
geworden. Die Spielregeln der Freien Marktwirtschaft haben sich als nicht
tragend erwiesen. Das Überleben der Einzelnen und der Gemeinschaften ist nicht
mehr gesichert. Trotz großer Bemühungen zur Bekämpfung des Hungers, wächst die
Zahl der Hungernden. Die Zahl der hungernden Menschen ist in den letzten Jahren
deutlich gestiegen. 1990 hungerten etwa 822 Millionen, im Jahr 2008 etwa 963
Millionen Menschen. Am 19. Juni 2009 berichtete die BBC, dass nun offiziell
eine Milliarde Menschen hungern. Das ist etwa jeder sechste Mensch auf der
Erde. Jedes Jahr sterben etwa 8,8 Millionen Menschen, hauptsächlich Kinder, an
Hunger.(8)
Um einen
Wirtschaftskollaps zu vermeiden haben die einzelnen Staaten Unmengen an Geld
investiert. Geld, das sie nicht haben. Die Staaten sind überschuldet und damit
entmachtet. Sie haben, ohne die für die Krise Verantwortlichen zur Kasse zu
bitten, sich bei denselben Banken Milliarden ausgeliehen und somit aus den
Taschen ihrer Bürger gezogen. Die Mehrheit der Menschen steht auf der
Verlustseite. Diese Verluste haben irgendwo Gewinne eingebracht. Damit wird die
Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinander gerissen.(9) Das
alles hat zur Schwächung der Nationalstaaten geführt. Sie sind durch
Abhängigkeiten nicht frei handlungsfähig und somit versklavt.
Richard Sennett
beschreibt in seiner Kapitalismuskritik diesen als gewollt instabil:
Die einzige
Konstante am Kapitalismus scheint seit den Zeiten von Marx die Instabilität zu
sein. Die Umwälzung der Märkte, der Veitstanz der Investoren, der plötzliche
Aufstieg, Zusammenbruch oder Wandel von Unternehmen, die Massenhafte
Zuwanderung von Arbeitskräften auf der Suche nach Arbeit oder einer besseren Arbeitsstelle
– solche Bilder von Energie des Kapitalismus prägten das 19. Jahrhundert wurden
... von dem Soziologen Joseph Schumpeter zusammengefasst, der von „schöpferischer
Zerstörung“ sprach. Heute scheint der Kapitalismus mit dieser Energie
völlig aufgeladen zu sein. ... Doch heute behaupten die an diesem Wandel
beteiligten, dass wir keineswegs immer tiefer ins Chaos stürzen, sondern
vielmehr eine neue Seite der Geschichte aufschlagen.(10)
Ebenso zeichnet
der französische Philosoph Jean Baudrillard die Gefahren des globalisierten Kapitalismus auf: Die
Abschaffung aller Regeln, genauer: die Reduzierung aller Regeln auf das Gesetz
des Marktes ist das Gegenteil von Freiheit – nämlich deren Illusion. So
altmodische und aristokratische Werte wie Würde, Ehre, Herausforderung, Opfer
zählen darin nicht mehr.(11) Die Gier ist zur
elementaren Tugend von diesem Kapitalismus geworden. So fragt auch Frank
Schirrmacher: ... wie soll dieses System funktionieren ohne die Gier der
Fabrikbesitzer, Manager und Banken?(12)
Durch all das geraten die Kulturen in Krisen. Gerhard
Maletzke definiert:
In der Kulturanthropologie
ist Kultur als ein System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen, und
Werteorientierungen, welche sowohl im Verhalten und Handeln der Menschen, als
auch in ihren geistigen und materiellen Produkten sichtbar werden. Ganz
vereinfacht kann man sagen: Kultur ist die Art und Weise, wie die Menschen
leben und was sie aus sich selbst und ihrer Welt machen.(13)
Lothar Käser
bringt dieses auf den Punkt, wenn er feststellt: Kulturen sind Strategien
der Daseinsbewältigung.(14)
Umbruchsphasen sind Daseinskrisen. Die in der Kindheit erlernte
Lebensstrategie, sprich Kultur, sollte dem Menschen die Ausrüstung zur
Lebensbewältigung geben. Die traditionellen Kulturen kollabieren im globalen
Kräftemessen. Sie versagen als Strategien in dem heutigen weltweiten
erbarmungslosen Überlebenskampf. Sie tragen nicht durch, denn die Spielregeln
die der eine gelernt hat, haben keine Bedeutung für den anderen. Die so
verursachte Verunsicherung wird bei bedrohten Menschen zur Ursache und
Motivation eines fundamentalistischen Rückzuges auf traditionelle Werte. Diese
werden dann mit aller Gewalt verteidigt. Somit wird die Kultur an sich zum Sinn
und Zweck des Kampfes und nicht das Überleben der Menschen. Dieses ist die
Ursache für den Kampf der Kulturen.(15)
Wir leben heute
in einer Welt des post..., des post-modernen, des post-sozialistischen, des
post-christlichen, des post-nationalistischen usw.. Das Wort post (lat. post
= hinter, nach) wird dabei als Bezeichnung gebraucht, da es nicht gelingt das
Gegenwärtige positiv definierend durch ein angemessenes Adjektiv zu
beschreiben. Man bezeichnet, was nicht mehr ist, aber nicht was ist. Damit wird
der Verlust zur Definition. Verluste bewirken jedoch immer Schmerzen. Das
irrationale krampfhafte Festhalten an dem Verlorenen führt immer zur Krise der
eigenen Existenz. Dadurch wird der Verlust noch größer. Jedes „post“ bedeutet,
dass es eine große und Gesellschaft bestimmende Veränderung gegeben hat.
Es sind unwiderrufliche
Fakten welche zeigen, dass sich die Welt in den letzten 30 Jahren verändert
hat: Die Welt ist globalisiert. Das wissenschaftliche Weltbild
ist postmodern. Das ehemalige christliche Abendland ist
säkularisiert. Der kommunistische Machtblock ist zusammengebrochen.
Die Medien, Filme und Internet predigen Lebensart und Moralvorstellungen hinein
in alle Häuser, einschließlich der geschlossenen Harems des Orients und der
Indianerhütte des Amazonas. Damit sind
die vormals gegebenen Spielregeln der Daseinsbewältigung außer Kraft gesetzt
oder wenigstens in Frage gestellt. Alte Paradigmen sind weggebrochen, jedoch
noch nicht durch neue ersetzt worden.
Thomas Kuhn
meint mit Paradigma ein vorherrschendes Denkmuster in einer bestimmten Zeit.
Paradigmen spiegeln einen gewissen allgemein anerkannten Konsens über Annahmen
und Vorstellungen wider, die es ermöglichen, für eine Vielzahl von
Fragestellungen Lösungen zu bieten.(16) Wenn
man einen neuen Konsens gefunden hat, dann hat ein Paradigmenwechsel
stattgefunden. So sind dann neue Lösungen möglich. Wo ist eine philosophische
Grundlage zu finden, welche das Herz einer gerechten Strategie der
globalisierten Daseinsbewältigung ermöglicht?
Unsere Welt, das
Kollektiv Menschheit, hat bisher keinen Konsens gefunden und damit stehen wir
vor Unmenge von Fragen, ohne Antworten. Ohne allgemeingültige Werte ist
Gemeinsamkeit nicht möglich. Der Mensch, der in einem Vakuum zwischen Frage und
Antwort lebt, existiert wie einem Gefängnis, wie im Niemandsland in einen
dunklem Alptraum, der sich nur im Licht der Antwort löst. Deshalb behauptet
Hans Küng: Kein Überleben unseres Globus in Frieden und Gerechtigkeit ohne
ein neues Paradigma internationaler Beziehungen auf der Grundlage globaler
ethischer Standards.(17)
Die ständigen
Veränderungen, der fehlende Konsens in den Fragen der Ethik und der Spielregeln
des Lebens, machen das einfache Leben zu einem gefährlichen und tödlichen
Abenteuerparcours. Jeder Tag wird zu einem anstrengenden Teufelskreis aus
Wahrnehmen, Auswerten, Entscheiden, Anpassen, Handeln und neuem Wahrnehmen. Das
alles verwirrt und stürzt das Individuum in eine Identitäts- und Existenzkrise.
Diese Inkonstanz und dieses „Nicht-Wissen“ führt Richard David Precht zu seiner
von Guy Helminger übernommenen und unbeantworteten Frage: Wer bin ich? Und
wenn ja - wie viele?(18)
Wenn wir also die heutige Welt
anschauen, so müssen wir uns bewusst werden, dass sie bereits im Augenblick des
Anschauens nicht mehr so ist, wie wir sie sehen. Die Wirklichkeit hat uns
bereits überholt, bevor wie unsere Wahrnehmungen verarbeitet haben. Planen und
weises konzeptzonales Handeln wird
dadurch äußerst schwierig. Fatal jedoch ist, die Augen vor dem Erkennbaren zu
verschließen und ein blindes Tappen im Dunkeln als Handlungsgrundlage zu nehmen.
Wenn es schon
fast unmöglich ist, das „Jetzt“ zu verstehen, wie ist es dann möglich
konstruktiv nach vorne, in die Zukunft, zu planen. Ohne Voraussicht, ohne
Perspektive jedoch wird das Morgen zu einer realen existenziellen Bedrohung.
Die Unsicherheit und damit die Angst werden Leben bestimmend. Das
projektierende Erkennen der Zukunft und die damit verbundene Perspektive legt
die Prioritäten des heutigen Handelns fest. Deswegen werden kompetente
Trendforscher teuer bezahlt und deswegen blüht das Geschäft von Wahrsagern und
Hellsehern.
Das Evangelium
von Christus ist global und richtet sich an alle Menschen. Ohne den Blick auf
den gesamten Globus zu haben, gibt es kein Evangelium. Es kann kein
individuelles, persönliches Evangelium geben, wenn es keine „Gute Nachricht“
für die gesamte Menschheit gibt. Es gibt keine lokale Rettung, wenn es kein
globales Heil gibt. Die Christusbotschaft ist nun seit Beginn global angelegt.
Sie richtet sich gleichwertig an alle Menschen. Dabei spielen Geschlecht und
Rasse, Nationalität, Stand und Vermögen keine Rolle. Ja auch kein Standart
moralischen Verhaltens. Paulus erklärte deutlich, dass es vor Gott kein Ansehen
der Person gibt (Rm 2,11) sie alle gesündigt haben (Rm 3,9-11) und dass sie
alle durch Christus gerettet werden können (Rm 3.23-24). Ist die christliche Kirche
bereit, dieses Evangelium zu leben und zu verbreiten, und zwar durch eine
radikale Christusnachfolge ihrer Würdenträger? Die Antwort auf eine sich
verlierende Menschheit sind Menschen, welche gfunden wurden und dieses nun auch
glaubhaft ausleben.
1 "Die Welt ist im Wandel.
Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Ich rieche es in der Luft.
Vieles was war, ist nun vergessen; niemand der heute lebt erinnert sich
daran." Galadriel - Herr der Ringe
2 Andrea Hahn, Mythos
Deutschland, Berliner Zeitung vom 25.März 2009, Interview von Andrea Hahn
mit dem Politikwissenschaftler
Herfried Münkler
3 Nach Angabe nach
Weltbevölkerungsuhr leben am 5.7.2009 um 19:48 Uhr 6.793.464.340 Menschen auf
dem Planeten Erde
4 Bei der Eingabe des Satzes
„Man lebt um zu lernen“ fand Google am 5.7.2009 in nur 0,34 Sekunden
414000 Referenzen.
5 Martin Voegelin, Leiter
der AEM Schweiz, in einem Vortrag auf der Missionars und Kandidaten Tagung der
Allianz-Mission April 2004 in Niedenstein, eigene Mitschrift
6 Detlef Blöcher, Arbeitsbedingungen
des Missionars in Klaus W. Müller, Hrsg. Die Person des Missionars –
Refarate der Jahrestagung 1996 des Arbeitskreises für Missiologie – AfeM
(VTR, Nürnberg: 1996)60
7 Hering, Bernd Schuppner,
Nina Schuppner, Leadership statt Management: Führung durch Kommunikation (Haupt
Verlag, Bern:2010)18
8 http://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger#cite_note-0
9 Deutsches Institut für
Wirtschaftsforschung, DIW Berlin, Wochenbericht Nr. 7/2010; 77. Jahrgang; 17.
Februar 2010; Sieben Fragen an Joachim R. Frick „Höhere Hartz-IV-Sätze lindern Symptome, ändern aber kaum die
Armutsursachen“
10 Richard Sennett, Die
Kultur des neuen Kapitalismus (BvT, Berlin: 2007)20
11 Baudrillard, Jean mit Romain Leick, Interview: Das ist der vierte
Weltkrieg in: Spiegel. November 30, 2002.
12 In Die Kapitalismus-Debatte,
Der Spiegel (11. Mai 2009) 98f
13 Gerhard Maletzke,
Interkulturelle Kommunikation – Zur Interaktion zwischen Menschen verschiedener
Kulturen (Westdeutscher Verlag, Opladen:1996)16
14 Lothar Käser, Fremde
Kulturen (Verlag der Liebenzeller Mission, Bad Liebenzell:1997)37
15 Samuel P. Huntington, Der
Kampf der Kulturen 6. Auflg.
(Europaverlag, München – Wien:1997)168ff
16 Thomas Kuhn, Die
Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (Suhrkamp-Taschenbuch, Frankfurt:
1967,)
17 Hans Küng, Wozu Weltethos
(Herderverlag, Freiburg, Basel, Wien: 2002)9
18 Richard David Precht, Wer
bin ich und wenn wie viele – Eine Philosophische Reise (Goldmann Verlag,
München 2007) 17
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